Es sei zugegeben, dass der Verfasser dieser Zeilen in besseren Zeiten einmal das große Glück sein eigen nennen durfte, beim amtierenden Spare-Ribs-Weltmeister Spare Ribs speisen zu dürfen. Und was der Maestro da unter seinem Medaillenvorhang zurechtgegrillt hat, das war wie nicht von dieser Welt. Selbiges für unschlagbare 7,99 € im ausladenden Hannibal am Görlitzer Bahnhof zu erwarten, wäre natürlich vermessen gewesen; die Liebe stirbt bekanntlich im Vergleich. Aber beginnen wir von vorne.
Das Hannibal ist eine dieser typischen Berliner Spelunken, in denen wild zusammengewürfelte Inneneinrichtungsutensilien unter hohen Decken den Standardcharme der Hauptstadt versprühen. Das ist übrigens ausdrücklich positiv gemeint. Man fühlt sich sofort wohl auf dem Dielenboden. Im Gegensatz zu einigen anderen Etablissements dieser Art, springt einem dazu noch ein weiterer Aspekt ins Pluspunktebuch: die Bedienungen sind ordentlich charmant und sehr aufmerksam. Wir schlagen vor, das mit gehörig Trinkgeld zu honorieren.
Beim schnell aufgetragenen Essen war eines schon auf den ersten Blick klar: den zweiten Teller schaffen wir nicht. Randvoll mit Ribs, Pommes und Salat braucht’s hier schon einen Waschmaschinenträger oder Schwimmolympiasieger um sich an den Nachschub zu wagen. Optisch eine Bahnhofskneipenmischung, nichts auszusetzen bei diesem Preis. Der Eisbergsalat bestand mehr aus groben Stücken als aus fluffig nebeneinander liegenden Blättern, da hätte ein wenig mehr Mühe bestimmt für mehr Daseinsfreude gesorgt. Das Dressing könnte aus der Supermarktflasche sein, dick und sämig, eher kein Hochgenuss. Bei Paul Bocuse hätte es dafür was auf die Finger gegeben und zwar mit der Gusseisernen. Liegen gelassen. Die Pommes waren dagegen exzellent, breite Quader, die taten was sie tun sollten, nämlich nach Kartoffeln schmecken und nicht nach dem Kram, den der Koch zuvor in der Fritöse hatte. Und die Ribs, nun ja, die Ribs. Lauwarm waren die, brachial garniert mit einem großen Kleks Ketchup, die Marinade so la la. Geschmeckt hat es den 7,99 entsprechend. Für diesen Preis kann man da nicht mehr erwarten. Deswegen wiederkommen wird aber leider auch nicht passieren. Dann lieber einmal weniger essen gehen und dafür ein paar Kopeken mehr über den Tresen schieben. Ein Gedicht immerhin der Himbeer-Minz-Smoothie, der uns auf der Stelle den Gaumen vergoldete (wer hier an Goldfinger denkt, ist selbstredend auf dem falschen Gleis).
Fazit: das Hannibal ist ein charmanter, ausladender und gemütlicher Verweilort mit schlichten aber sauberen Toiletten und geschlossenem Raucherraum. Wir würden hier jederzeit zu einem Bierchen zusammen sitzen und möglicherweise auch einem Tastenvirtuosen lauschen, der sich was auf der alten Orgel im hinteren Teil zurechtklimpern könnte. Spare Ribs essen würden wir hier allerdings nicht mehr, trotz der sympathischen Bedienungen und trotz der Serviceaufmerksamkeit (die beispielsweise zum pfeilschnellen Abtragen unserer Knochentürme führte). Aber wer weiß, vielleicht ist der Küchenchef anderweit kulinarisch beschlagen. Ausprobieren kommt wohl dennoch eher im nächsten Leben.
Hannibal-Berlin
Wiener Str. 69
10999 Berlin – Kreuzberg
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Restaurant-Tester waren:
Timo – www.motiktext.de & Kai – http://discoarschgesicht.de/
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